Die Ausscheidungshärtung ist eine Möglichkeit zum Erhöhen der Festigkeit metallischer Werkstoffe. Das Verfahren wird auch als Aushärten oder Auslagern bezeichnet. Es findet Anwendung bei sogenannten „aushärtbaren“ bzw. „nicht naturharten“ Werkstoffen.
 
Beim Aushärten wird ausgenutzt, dass die Löslichkeit für ein oder mehrere Legierungselemente mit der Senkung der Temperatur abnimmt. Wird die Löslichkeitsgrenze überschritten, so wandelt sich der überschüssige einphasige Mischkristall durch Diffusion in eine Zweiphasenlegierung um. Die im Volumen zusammenhängende und in der Regel mit höherem Anteil auftretende Phase wird Matrix genannt, die andere Ausscheidung.
 
Abhängig von Material und Verfahren konzentrieren sich die Ausscheidungen in bestimmter Art und Weise und behindern durch ihre von der Matrix abweichende Kristallstruktur die Bewegung von Versetzungen und steigern so die Festigkeit des Metalls. Die Ausscheidungen können kohärent, teilkohärent oder inkohärent zur Matrix sein. Kohärente Ausscheidungen befinden sich oft innerhalb eines Korns und treten bei Legierungselementen mit ähnlichen Gitterparametern auf. Legierungselemente mit abweichenden Gitterparametern scheiden sich inkohärent oft auf den Korngrenzen aus. Inkohärente Ausscheidungen können kugelförmig sein, wenn die Ausscheidung über eine relativ hohe Oberflächenenergie verfügt, oder dispergiert, wenn die Oberflächenenergie sehr gering ist.
 
Die Art und Geschwindigkeit der Ausscheidung ist temperaturabhängig, da die treibende Kraft der Diffusion ebenfalls temperaturabhängig ist. Bei Legierungen, die bei Raumtemperatur keine Diffusion aufweisen, kann durch Abschrecken die Diffusion verhindert werden und der Mischkristall verbleibt im metastabilen übersättigten einphasigen Zustand. Durch ein anschließendes Diffusionsglühen bei 150 bis 190 °C ("Auslagern") kann nun die Diffusion nachgeholt werden. Da beim vorhergehenden Abschrecken viele Keime gebildet wurden, werden viel kleinere Ausscheidungen gebildet, die homogen im Gefüge verteilt sind. Damit können die Eigenschaften des Werkstücks gezielt eingestellt werden.
 
Ein wichtiges Anwendungsgebiet der Ausscheidungshärtung ist das Aushärten von  Aluminiumlegierungen. Notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Aushärtbarkeit einer Aluminiumlegierung ist, dass sie Kupfer, Magnesium in Kombination mit Silizium, Zink oder Lithium enthält. Ein prominentes Beispiel für die Ausscheidungshärtung ist das Duraluminium, eine Legierung aus Aluminium, 4% Kupfer und 0,5% Magnesium. Die Lösungsglühung erfolgt bei 510 °C. Nach dem Abschrecken kann das Material umgeformt werden, im Gegensatz zu Stahl ist Duraluminium nach dem Abschrecken zunächst noch weich. Die Endfestigkeit wird durch Kaltauslagern oder Warmauslagern (eine Ausscheidungsglühung) erreicht. Die Aushärtung kann durch Tiefkühlung (min. -18 °C) herausgezögert werden. Dies wird zum Beispiel bei Nieten aus solchen Legierungen verwendet um eine längere Verarbeitungszeit zu erreichen. Nahezu alle aushärtbaren Aluminiumlegierungen sind stark korrosionsanfällig, da die Legierungselemente die Bildung einer geschlossenen Oxidschicht behindern.
 
Man unterscheidet 2 Verfahren zur Ausscheidungshärtung
 
Kaltauslagern
 
Die wichtigsten kaltauslagernden Legierungen gehören zum Typ Al-Cu-Mg.
 
Beim Kaltauslagern spielen sich folgende Vorgänge ab: Beim Lösungsglühen (Homogenisieren) bei etwa 500°C soll das Kupfer im Aluminium gelöst werden.
Danach wird das Werkstück in Wasser abgeschreckt. Dadurch wird die normalerweise bei langsamer Abkühlung erfolgte Ausscheidung des Kupfers unterdrückt. Das gesamte Kupfer befindet sich jetzt in einer übersättigten Lösung. In diesem Zustand kann die Zugfestigkeit schon bis 40% über dem weichgeglühten Zustand liegen. Dabei ist der Werkstoff aber noch gut verformbar.
 
An das Abschrecken schließt sich das Kaltauslagern (bei etwa 20°C) an. Nach wenigen Minuten beginnt sich die Ausscheidungshärtung durch den Anstieg von Härte, Zugfestigkeit und Streckgrenze ohne nennenswerten Abfall der Bruchdehnung sowie durch Änderung physikalischer Eigenschaften (z. B. elektrische Leitfähigkeit) bemerkbar zu machen. Diese Vorgänge beruhen darauf, dass das Aluminiumgitter versucht, das in Lösung gehaltene Kupfer auszuscheiden. Dadurch kommt es zu Cu-reicheren Zonen, welche die Gleitebenen des Gefüges stärker blockieren.
 
Dieser Vorgang ist normalerweise nach etwa 5-8 Tagen abgeschlossen. Durch eine Temperaturerhöhung auf ~ 35°C lässt sich der Vorgang beschleunigen, eine Temperaturerniedrigung verzögert ihn.

Warmauslagern
 
Die Warmauslagerung (Bevorzugt bei Al-Mg-Si-Legierungen) läuft wie folgt ab:
 
Lösungsglühen und Abschrecken wie bei Al-Cu-Mg-Legierungen.
 
Anschließend wird für eine Zeit von 4 – 48 Std. bei Temperaturen zwischen 120-175°C ausgelagert. Auch hier stellen sich jetzt Ausscheidungsvorgänge ein, die das Verschieben der Gitterebenen behindern. Dabei steigen Härte, Zugfestigkeit und Streckgrenze erheblich an. Der Abfall der Bruchdehnung ist dabei wesentlich größer als bei der Kaltauslagerung. Die Festigkeitswerte fallen nach Erreichung eines Maximums jedoch wieder ab. Deshalb gewinnt hier die Einhaltung der richtigen Zeit- und Temperaturwerte stark an Bedeutung, um die erwünschten Werkstoffwerte zu erhalten.
 
Die Ausscheidungshärtung steht grundsätzlich am Ende der Fertigung. Die Teile können jedoch im Anschluss an das Abschrecken noch verformt werden (z.B. Bleche richten, Nieten schlagen).
 
Da eine Glühung die Ausscheidungshärte beseitigt, dürfen ausscheidungsgehärtete Bauteile weder geschweißt noch gelötet werden. Vorsicht ist ebenfalls geboten, wenn bei Schweißarbeiten an anderen Werkstoffen/Bauteilen Aluminiumbauteile in der Nähe sind, da unkontrollierte Warmbehandlungsvorgänge ablaufen können.

 

 

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